Steuerfalle Totalverlust im Steuerjahr 2020 und 2021

Der Deutsche Bundestag hatte am 16.12.2020 die Anpassungen am JStG beschlossen. In § 20 Absatz 6 EStG wird nunmehr die Verlustverrechnungsgrenze für Totalverluste sowie für die Verrechnung realisierter Verluste aus Termingeschäften für gleichartige Geschäfte auf 20.000€ p.a. festgelegt.

Damit ändert sich erstmals die bis dahin unbegrenzte Verlustverrechnung fundamental. Zudem wird diese Verrechnung nicht mehr von den Banken vorgenommen, sondern müssen vom Anlegern selber im Rahmen der Einkommenssteuererklärung deklariert werden.

Das Problem: Für Banken gilt eine so genannte Nichtbeanstandungsregel, da eine derart umfangreiche Anpassung in den Steuersystemen der Banken nicht möglich war bzw. die am 16.12.20202 beschlossene Anpassung rückwirkend für das Steuerjahr 2020 galt. Im Rahmen der Nichtbeanstandungsregel erlaubte das Bundesfinanzministerium den Banken somit für eine Übergangszeit noch die komplette Verrechnung auch über 20.000 Euro hinaus nach den alten Vorschriften. Eine Anpassung ist erst ab dem Steuerjahr 2022 vorgeschrieben, so dass bei Banken und Brokern, die die Nichtbeanstandungsregel angewendet haben, die Totalverluste in den Steuerjahren 2020 und 2021 nicht korrekt berechnet wurden.

Wer also Totalverluste > 20.000€ im Rahmen von Aktien, Optionsscheinen, Hebelprodukten, CFDs oder Futures & Optionen erlitten hat, muss selber aktiv werden und die Angaben im Rahmen der Einkommenssteuererklärung korrigieren. Andernfalls riskiert er den Tatbestand der Steuerhinterziehung oder zumindest der leichtfertigen Steuerverkürzung! Gerade im Corona-Jahr gabe es deutliche Einbrüche an den Kapitalmärkten, aber auch der Absturz von bspw. Wirecard bescherte ggf. deutliche Verluste.

Unterschiedliche Handhabung bei den Brokern:

  • Deutsche Bank & maxblue (ohne Postbank): Keine Nutzung Nichtbeanstandungsregel, d.h. korrekte Steuerberechnung seit 2020
  • comdirect: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, korrekte Steuerberechnung seit 2021
  • ING: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, korrekte Steuerberechnung seit 2021
  • DKB: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, korrekte Steuerberechnung seit 2021
  • Trade Republic: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, korrekte Steuerberechnung seit 2021
  • Consorsbank: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, Steuer korrekt ab Steuerjahr 2022
  • justTRADE: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, Steuer korrekt ab Steuerjahr 2022
  • Flatex: Nutzung Nichtbeanstandungsregel, Steuer korrekt ab Steuerjahr 2022
  • Sparkassen Broker: Anfrage noch offen
Für die Steuerjahre 2020 / 2021, in denen ggf. die Nichtbeanstandungsregelung der Bank / Broker in Anspruch genommen wurde, sind die Verluste ggü. dem Finanzamt durch die Vorlage von (Einzel-)Abrechnungen der Depotbanken im Rahmen der Veranlagung nachzuweisen. Dies gilt auch für Kunden der Deutschen Bank / maxblue, da dort die Totalverluste bereits für das Steuerjahr 2020 nicht mehr erfasst wurden und Kunden somit diese komplett selber deklarieren müssen.

Unter den Steuerrechtlern halten viele die Verlustbegrenzung indes für umstritten oder sogar für verfassungswidrig. Marc Tüngler, Chef der Anlegerschutzvereinigung DSW, hat bereits angekündigt, eine Klage dagegen zu unterstützen. Insofern sollten alle Anleger prüfen, bis juristische Klarheit herrscht, zur Sicherheit dann gegen ihren Steuerbescheid Einspruch einzulegen, um bei nachträglicher Verfassungswidrigkeit dieser Regelung die Verluste wieder voll im gleichen Steuerjahr geltend machen zu können.

Hinweis:
Die Ausführungen basieren auf unserem Verständnis der derzeit bekannten deutschen Rechtslage für Anleger mit deutscher Staatsangehörigkeit und Steuerpflicht in Deutschland. Die steuerliche Beurteilung kann durch die Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Erlasse der Finanzverwaltung sich fortlaufend ändern. Änderungen können auch rückwirkend eingeführt werden und die beschriebenen steuerlichen Aspekte beeinflussen. Wir empfehlen Anlegern daher, sich in jedem Fall von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe über die steuerlichen Folgen des Erwerbs, des Haltens oder der Veräußerung von Wertpapieren beraten zu lassen.

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