Änderungen an der Abgeltungssteuer für 2021 im Detail

Kurz vor Jahresende 2019 hat der Deutsche Bundestag hat in seiner 134. Sitzung am 12. Dezember 2019 den von der Bundesregierung eingebrachten “Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen – Drucksachen 19/14685, 19/15117 – angenommen.”.

Was erst einmal harmlos klingt, hat u.a. für Wertpapierbesitzer weitreichende Auswirkungen. Im Kern zielt das Gesetz auf die Gewinn- und Verlustverrechnung von Termingeschäften ab. Geplant ist, dass Verluste aus Termingeschäften nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften bzw. mit den Erträgen aus so genannten Stillhaltergeschäften verrechnet werden dürfen – auf diese Weise werden die beiden aktuellen Verlusttöpfe “Aktien” und “Sonstige” um einen weiteren Verlusttopf “Termingeschäfte” erweitert. Darüber hinaus soll die Verlustverrechnung auf 10.000€ pro Jahr beschränkt werden. Die Begründung im Änderungsantrag: Für Privatanleger sei das ausreichend. Immerhin: Werden in einem Jahr höhere Verluste erzielt, sollen diese auf die Folgejahre vorgetragen werden können. Diese Regel soll auf Verluste Anwendung finden, die ab 31. Dezember 2020 entstehen.

Eine weitere Verschärfung betrifft auch Aktien- und Anleihebesitzer: Verluste aus der Uneinbringlichkeit (gesamt oder in Teilen) einer Kapitalforderung und aus der Ausbuchung oder Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter an einen Dritten sollen nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis 10.000€ ausgeglichen werden können. Auch hier gilt: Sind auch hier die Verluste höher als 10.000€, dürfen diese ebenfalls auf die Folgejahre vorgetragen und nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Diese Regelung soll sogar schon für Verluste gelten, die ab Anfang 2020 anfallen, also quasi ab sofort!

Wer also aktuell auf Wertpapier-Verlustpositionen sitzt, z.B. noch aus den Neue Markt-Zeiten oder wertlose Pennystocks, für den kann es sich lohnen, diese Verluste noch in diesem Jahr geltend zu machen. Wie immer gilt es, die eigene steuerliche Situation abzuklären, bevor gehandelt wird, u.U. lohnt es sich auch, einen Steuerberater hinzuzuziehen.

Wer sich das Gesetz im Detail anschauen möchte, wird hier fündig. Alle Marktteilnehmer warten nun auf die finalen BMF-Rundschreiben und fragen sich, wann sie diese Änderung so kurz vor Weihnachten in den Steuersystemen eigentlich umsetzen sollen…

Update vom 03.06.2021
Am 03.06.2021 hat das BMF das lang herbeigesehnte Rundschreiben zur Klärung der Frage, ob Optionsscheine und Hebelprodukte Termingeschäfte sind, live gestellt. In der neuen Randnummer 9 wird der Begriff des Termingeschäfts nun klar geregelt: “Zu den Termingeschäften gehören insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermin- geschäfte und Forwards oder Futures (vgl. Rn. 36 und 37) sowie Differenzkontrakte. Differenzkontrakte sind Verträge zwischen zwei Parteien, die auf die Kursentwicklung eines bestimmten Basiswerts spekulieren. Basiswerte können beispielsweise Aktien, Indizes, Währungspaare oder Zinssätze sein. Zertifikate und Optionsscheine gehören nicht zu den Termingeschäften (vgl. Rn. 8 f.). Aufatmen in der gesamten Industrie!

Update vom 28.04.2021
Marktgerüchten zufolge soll bei Optionsscheinen und Hebelprodukten alles beim Alten bleiben. Damit wäre die Einstufung als Termingeschäft für diese Produkte vom Tisch. Sobald das finale BMF-Schreiben vorliegt, werden wir davon berichten.

Update vom 25.01.2021
Es verdichten sich die Hinweise, dass sich die Veröffentlichung des Anwendungsschreibens seitens des BMF verzögert, da u.a. der Begriff des ‚Termingeschäftes‘ analysiert werden soll. Insofern gibt es noch eine Resthoffnung, dass das BMF doch noch erkennt, dass Optionsscheine und Hebelprodukte an einer Kassa-Börse und nicht an einer Terminbörse gehandelt werden.

Update vom 18.01.2021
Nach neusten Informationen scheint es nun doch so zu sein, dass Optionsscheine und Hebelprodukte zu den Termingeschäften zählen. Damit wären sie analog zur Optionen, Futures und Differenzkontrakte auch den gravierenden Steueränderungen unterworfen. Wenn sich dies bewahrheitet – das finale Anwendungsschreiben vom BMF wird bis Ende Januar 2021 erwartet – würden Verluste aus Optionsscheinen und Hebelprodukten nur noch bis 20.000€ im Jahr steuerlich gemacht werden können. Aber die Verrechnung findet nicht mehr auf Seiten der Banken / Broker über den Verlusttopf Sonstige statt, sondern muss vom Kunden im Rahmen der Einkommenssteuererklärung selber geltend gemacht werden. Dies bedeutet, dass Gewinne direkt besteuert werden und Verluste erst im Folgejahr über die Einkommensteuer verrechnet werden können. Damit würde den Tradern massiv Liquidität entzogen.

Update vom 18.12.2020
Der Bundesrat hat heute in seiner 998. Sitzung dem Gesetzesvorhaben zugestimmt. Dies ist insofern seltsam, als da der Bundesrat am 28.09.2020 noch erhebliche Bedenken geäußert hatte.

Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, können somit nur noch bis 20.000€ im laufenden Kalenderjahr mit Gewinnen und so genannten Stillhalterprämien verrechnet werden – die im letzten Jahr beschlossene Änderung sah maximal 10.000€ vor. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von wieder maximal 20.000€ mit Gewinnen verrechnet werden.

Verluste aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter oder der so genannten Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung können mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000€ im Jahr ausgeglichen werden. Auch hier ist die Übertragung und Verrechnung nicht verrechneter Verluste auf die Folgejahre möglich.

Offen ist jetzt noch die genaue Auslegung, was ein Termingeschäft ist. Hier warten alle auf die Klarstellung durch das BMF, die aber erst im nächsten Jahr vorliegen soll…

Update vom 16.12.2020
Der Deutsche Bundestag hat heute das JStG beschlossen. In § 20 Absatz 6 EStG wird nunmehr die Verlustverrechnungsgrenze für Totalverluste sowie für die Verrechnung realisierter Verluste aus Termingeschäften für gleichartige Geschäfte von 10.000€ auf 20.000€ p.a. erhöht. Voraussichtlich am 18. Dezember stimmt der Bundesrat über die Gesetzesänderung ab. Bei der Gesetzesänderung handelt es sich wieder um einen politischen Kompromiss, was aus Anlegersicht extrem ärgerlich ist. Die beschlossene Erhöhung auf 20.000€ stellt lediglich eine Mini-Verbesserung dar. Viel Hoffnung, dass der Bundesrat hier noch Änderungen erzwingt, bestehen aber nicht mehr, auch wenn die Lobbyverbände weiterhin aktiv sind.

Update vom 08.12.2020
Trotz Widerspruch vom Bundesrat halten die Regierungspolitiker an der umstrittenen Regelung fest und wollen jetzt die Grenze für die Verrechnung immerhin auf 20.000 Euro anheben. Zuvor regelte das umstrittene Gesetz eine Höchstgrenze von 10.000 Euro. Dies kann dem Änderungsantrag der Großen Koalition im Finanzausschuss zum Jahressteuergesetz 2021 entnommen werden. Die neue Grenze soll dann rückwirkend auch für Totalverluste im laufenden Jahr 2020 gelten, immerhin eine Verdoppelung. Dennoch wird erwartet, dass es Klagen gegen das Gesetz geben wird. Der Finanzausschuss des Bundestags wird sich voraussichtlich am 9. Dezember auf eine Beschlussvorlage für das Jahressteuergesetz 2021 einigen. Eine Woche später, am 16. Dezember, soll das Gesetz dann im Bundestag verabschiedet werden und am 18. Dezember wird der Bundesrat dies wohl trotz Kritik absegnen. Es bleibt spannend…

Update vom 28.09.2020
Es sieht danach aus, als würde nun der Bundesrat Änderungen an der ab 2021 geplanten Steueränderung fordern. In der Drucksache 503/1/20 vom 28.09.2020 meldet der Bundesrat erhebliche Bedenken an!

Update vom 19.06.2020:
Die wichtige Lobbyarbeit gegen die Gesetzesänderung scheint sich gelohnt zu haben. Es verdichten sich die Hinweise, dass das Bundesfinanzministerium auf die vielfachen Bedenken gegen die stark eingeschränkten Verlustverrechnungsmöglichkeiten eingehen wird. Die Gesetzesänderungen sollen in einem der nächsten BMF-Schreiben präzisiert werden.

Die wichtigsten Punkte für Zertifikate-, Differenzkontrakte- und Eurex-Trader:

  • Zertifikate, Optionsscheine und Hebelprodukte sollen nicht unter die Kategorie “Termingeschäfte” fallen, so dass die Verlustverrechnung bei Veräußerungen nicht begrenzt würde.
  • Differenzkontrakte, Optionen und Futures sind definitiv Termingeschäfte. Die Verlustverrechnung soll gemäß §20 Abs. 6 Satz 5 EStG auf 10.000€ beschränkt werden.
  • Verluste aus dem Verfall / Totalverlust von Zertifikaten, Optionsscheinen, Hebelprodukten und Optionen (Eurex) soll ebenfalls gem. §20 Abs. 6 Satz 6 EStG in der Verlustverrechnung auf 10.000€ beschränkt. Die Verrechnung dieser Verluste soll zudem nicht mehr auf der Ebene des Brokers erfolgen, sondern ausschließlich über die Einkommenssteuererklärung zu deklarieren sein.
Für Trader bedeutet dies, dass (leider) Differenzkontrakte und Eurex-Produkte zu meiden sind und bei strukturierten Produkten in jedem Fall jetzt schon in 2020 der Totalverlust vermieden werden sollte.

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