Mit Einführung des Investmentsteuerreformgesetzes im Jahre 2018 wurde vom Gesetzgeber auch die so genannte Vorabpauschale eingeführt. Es handelt sich hierbei um eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen von Fonds und ETFs. Der Gesetzgeber will damit auch bei nicht ausschüttenden (thesaurierenden) und teilausschüttenden Fonds sicherstellen, dass der Anleger einen Mindestbetrag versteuern muss. Deshalb müssen Anleger in diesen Fällen jährlich eine sogenannte Vorabpauschale entrichten. Für diese gelten jedoch die gleichen Teilfreistellungen, wie für die Besteuerung von Ausschüttungen. Die Höhe des steuerfreien Anteils richtet sich auch hier nach der Art des Fonds.
Maßgeblich für die Berechnung der Vorabpauschale ist der von der Bundesbank veröffentlichte Basiszinssatz. Der Basiszins leitet sich aus der langfristigen Rendite öffentlicher Anleihen ab und orientiert sich am Zinssatz, den die Deutsche Bundesbank anhand der Zinsstrukturdaten jeweils auf den ersten Börsentag des Jahres errechnet. Geregelt ist das im § 18 Absatz 4 des Investmentsteuergesetzes. Nachdem die Europäische Zentralbank seit dem Sommer 2022 mehrfach die Zinsen erhöht hat, liegt auch der Basiszins und somit auch die Vorabpauschale über Null. Für 2023 hat die Deutsche Bundesbank somit einen Zinssatz von 2,55% veröffentlicht. In den vergangenen Jahren war der Basiszinsatz aufgrund der herrschenden Negativzinsphase negativ, so dass keine Vorabpauschale angefallen ist.
Erhoben wir die Vorabpauschale nur dann, wenn der ETF oder Fonds – dabei ist es unerheblich ob es sich um einen thesaurierenden oder ausschüttenden Fonds bzw. ETF handelt – in 2023 im Wert gestiegen ist. Sobald die Fondsgesellschaften dann Anfang 2024 die entsprechenden Daten für die ETFs bzw. Fonds über den Anbieter WM Daten veröffentlicht haben, erfolgt die individuelle Berechnung und Belastung der Kunden. Dies erfolgt i.d.R. bereits im Januar 2024.
Für 2023 beträgt die Vorabpauschale grob 180€ je 10.000€ Fondsvolumen. Dies ist der maximale Wert, auf den die Steuer erhoben wird. Dabei erfolgt zunächst die Berücksichtigung der so genannten Teilfreistellung von bis zu 30%, erst im Anschluß fallen dann von dem ausmachenden Betrag 25% Kapitalertragssteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an. Grob gerechnet fallen somit für 10.000€ Fondsvolumen rund 36€ Steuern auf die Vorabpauschale an. Entscheidend ist somit der Gewinn des Fonds / ETFs im Jahr 2023. Hat dieser im Jahresverkauf keinen Gewinn gemacht, fällt auch keine Steuer an.
Um die Vorabpauschale berechnen zu können, braucht man vier Informationen:
- Den Wert des Fonds / ETFs am Jahresanfang
- Den Wert des Fonds / ETFs am Jahresende
- Den Art des Fonds
- Höhe der Ausschüttungen bzw. Dividenden
1. Der Wert des Fonds / ETFs * 2,55% * 0,7
2. Von dem ermittelten Ergebnis müssen nun evtl. Ausschüttungen / Dividenden abgezogen werden ( = Vorabpauschale)
3. Berücksichtigung der möglichen Teilfreistellung, die bspw. bei Aktienfonds 30%, bei Mischfonds 15%
Die aus Schritt zwei ermittelte Vorabpauschale ist somit die Bemessungsgrundlage für die Steuerberechung.
4. Berechnung Steuer: Vorabpauschale * (1- %-Satz Teilfreistellung) * 26,375% Abgeltungssteuer (ohne Kirchensteuer)
Damit die Vorabpauschale von der Bank bzw. dem Broker berechnet und abgeführt werden kann, sollten Kunden ab dem 01.01.2024 entweder Ihren eingereichten Freistellungsauftrag überprüfen oder über genügend Guthaben auf dem Verrechnungskonto verfügen. Sollte die Steuer nicht abgebucht werden können oder es liegt ein kundenseitiger Widerspruch zur Abbuchung vor, wird die Vorabpauschale wieder storniert und die Bank informiert das Finanzamt mittels “Finanzamtsmeldung”. In einem solchen Fall muss sich der Kunde dann im Rahmen seiner Einkommenssteuererklärung selber um die korrekte Versteuerung kümmern. Da dies sehr lästig ist und das Finanzamt die Kunden kennt, die die Steuern nicht bezahlt haben, lohnt es sich, den Freistellungsauftrag in entsprechender Höhe zu hinterlegen oder über entsprechendes Guthaben auf dem Verrechnungskonto zu verfügen. Dann erfolgt alles automatisch und der Sachverhalt ist erledigt.
Wichtig ist, dass bei einem späteren Verkauf des Fonds / ETFs die bereits gezahlte Vorabpauschale auf die ggf. anfallende Abgeltungssteuer angerechnet wird. Es kommt somit nicht zu einer doppelten Besteuerung.
Der zentrale Datendienstleister WM Daten hat für 2024 die Auslieferung veröffentlicht. Die anfallenden Vorabpauschalten werden zum 11.01., 12.01. und 17.01.2024 ausgeliefert, so dass in diesem Zeitraum die Berechnung und Buchung erfolgt.
Hinweis: Die Ausführungen basieren auf unserem Verständnis der derzeit bekannten deutschen Rechtslage für Anleger mit deutscher Staatsangehörigkeit und Steuerpflicht in Deutschland. Die steuerliche Beurteilung kann durch die Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Erlasse der Finanzverwaltung sich fortlaufend ändern. Änderungen können auch rückwirkend eingeführt werden und die beschriebenen steuerlichen Aspekte beeinflussen. Wir empfehlen Anlegern daher, sich in jedem Fall von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe über die steuerlichen Folgen des Erwerbs, des Haltens oder der Veräußerung von Wertpapieren beraten zu lassen.